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Kosmischer Atlas: Euclids tiefe Einblicke

16.10.2024

Weltraummission der ESA veröffentlicht den ersten Teil einer gewaltigen Karte des Universums.

Millionen von Sternen und Galaxien sind auf dem ersten Teilstück der detaillierten Kartierung des Universums zu sehen, die die Weltraummission Euclid der ESA nun veröffentlicht hat. Der aufgenommene Streifen zeigt die enorme Datenqualität auf allen Ebenen, von Panoramaansichten des Universums bis zu den Details der Strukturen innerhalb einzelner Galaxien. Mehrere deutsche Forschungseinrichtungen, darunter auch die LMU, nehmen an dieser Mission teil.

Durchblick

Dieses vom ESA-Weltraumteleskop Euclid erstellte Mosaikbild des Universums beinhaltet ein Prozent der umfassenden Durchmusterung, die Euclid in sechs Jahren aufnehmen wird. Euclid deckte 132 Quadratgrad des Südhimmels ab.

© ESA/Euclid/Euclid Consortium/NASA

Der erste Teil der endgültigen Karte enthält 260 Aufnahmen, die zwischen dem 25. März und dem 8. April 2024 gemacht wurden. In nur zwei Wochen hat Euclid 132 Quadratgrad des südlichen Himmels erfasst, mehr als das 500-fache der Fläche, die der Vollmond am Himmel abdecken würde. „Euclid hat sein scharfes Auge auf den Himmel gerichtet und arbeitet sein Beobachtungsprogramm ab“, sagt der Physiker Frank Grupp von der LMU und dem Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik (MPE) in Garching, der deutsche Projektleiter. „Wir freuen uns, nun die Früchte von 15 Jahren Vorbereitung ernten zu können.“

Das aufgenommene Mosaik deckt bislang ein Prozent der umfassenden Himmelsdurchmusterung ab. Sechs Jahre soll die Euclid-Mission insgesamt dauern. Während dieser Vermessung beobachtet Euclid die Formen, Entfernungen und Bewegungen von Milliarden von Galaxien in bis zu zehn Milliarden Lichtjahren Entfernung. Auf diese Weise entsteht die größte kosmische 3D-Karte, die je angefertigt wurde.

Das Gesamtbild und seine Details

Diese Grafik gibt einen Überblick über das Mosaik und die Bildvergrößerungen. Oben links ist eine Karte des gesamten Himmels (41 000 Quadratgrad) zu sehen, auf der die Position des Euclid-Mosaiks am Südhimmel gelb hervorgehoben ist. Das Mosaik zeigt die Lage der verschiedenen vergrößerten Bilder. Über den Einzelbildern ist der Zoomfaktor angegeben (3- bis 600-fache Vergrößerung im Vergleich zum ursprünglichen Mosaik).

© ESA/Euclid/Euclid Consortium/NASA

Das erste Stück der Karte enthält rund 14 Millionen Galaxien. Ihre Verteilung könnte Aufschluss darüber geben, welchen verborgenen Einfluss Dunkle Materie und Dunkle Energie auf die Struktur des Universums haben. Außerdem enthält sie mehrere zehn Millionen Sterne in unserer eigenen Milchstraße. „Dieses atemberaubende Bild ist der erste Teil einer Karte, die in sechs Jahren mehr als ein Drittel des Himmels abdecken wird“, sagt Valeria Pettorino, Euclid-Projektwissenschaftlerin bei der ESA.

Die empfindlichen Kameras in der Raumsonde haben eine unglaubliche Anzahl von Objekten in allen Einzelheiten erfasst. Selbst wenn man sehr tief in die Karte hineinzoomt, lassen sich immer noch deutlich etwa die verzweigten Strukturen einer Spiralgalaxie erkennen.

Der hier zu sehende Bereich des Gesamtbilds ist im Vergleich zum großen Mosaik 36-fach vergrößert. Darauf ist der Kern des Galaxienhaufens Abell 3381 zu sehen, der 678 Millionen Lichtjahre von uns entfernt ist. Das Bild zeigt viele verschiedene Galaxien unterschiedlicher Form und Größe, von massiven elliptischen Galaxien über bescheidene Spiralgalaxien bis hin zu winzigen und lichtschwachen Zwerggalaxien.

© ESA/Euclid/Euclid Consortium/NASA

Eine Besonderheit, die im Übersichtsmosaik sichtbar ist, sind die schwachen Wolken zwischen den Sternen in unserer Galaxie. Sie erscheinen in hellem Blau vor dem schwarzen Hintergrund des Weltraums. Dabei handelt es sich um eine Mischung aus Gas und Staub, die auch als „galaktischer Zirrus“ bezeichnet wird, weil sie wie Zirruswolken aussieht. Euclid kann diese Wolken mit seiner hochempfindlichen Kamera für sichtbares Licht sehen, denn sie reflektieren das optische Licht der Milchstraße. Die Wolken leuchten auch im fernen Infrarotlicht, wie die Planck-Mission der ESA nachgewiesen hat.

Das nun veröffentlichte Mosaik ist ein Vorgeschmack auf das, was die Euclid-Mission noch an Erkenntnissen bringen wird. Bislang sind zwölf Prozent der Untersuchung abgeschlossen. Die entstandenen Aufnahmen geben auch einen Einblick, vor welchen Herausforderungen die zugrundeliegende Infrastruktur der Datenerfassung und -verarbeitung steht. Noch nie hat eine Weltraummission in so kurzer Zeit so viele Daten geliefert – täglich werden etwa 100 Gigabyte an Bildern und Spektren zur Erde gesendet.

Der Bereich ist im Vergleich zum großen Mosaik 150-fach vergrößert. Auf der linken Seite des Bildes hat Euclid zwei Galaxien (ESO 364-G035 und G036) eingefangen, die 420 Millionen Lichtjahre von uns entfernt miteinander wechselwirken. Auf der rechten Seite des Bildes ist der Galaxienhaufen Abell 3381 zu sehen, der 678 Millionen Lichtjahre von uns entfernt ist.

© ESA/Euclid/Euclid Consortium/NASA

Datenverarbeitung als zentrale Aufgabe

Eine zentrale Herausforderung des Projekts ist die tägliche Verarbeitung dieser Daten. Zu diesem Zweck hat das Euclid-Konsortium ein europäisches Netzwerk von neun Datenzentren aufgebaut, darunter das Deutsche Wissenschaftsdatenzentrum (SDC-DE). Es wird zehn Prozent der Daten verarbeiten. Ein Team aus sechs Wissenschaftlern und IT-Spezialisten entwickelt dort Algorithmen und betreut die Hardware. „Die sich ständig ändernde Soft- und Hardware stellt unser Team vor große Herausforderungen, um die termingerechte Verarbeitung sicherzustellen“, sagt Maximilian Fabricius (LMU und MPE), Leiter des SDC-DE. „Wir sind jedoch stolz, wie gut nun alles zusammenspielt und dass wir uns auf der Zielgeraden zur Prozessierung für den ersten öffentlichen Datenrelease befinden.“

Die Veröffentlichung von 53 Quadratgrad der Vermessung, einschließlich einer Vorschau auf die Euclid Deep Field-Gebiete, ist für März 2025 geplant. Die kosmologischen Daten des ersten Jahres der Euclid-Mission werden 2026 für die Allgemeinheit freigegeben.

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